Hintergrund ist, dass das Molkereiunternehmen Arla beschlossen hat, bis Ende 2019 die komplette Milchproduktion ihrer Lieferbetriebe in Deutschland, den Niederlanden, Belgien und Luxemburg auf GVO-frei umzustellen ("ohne die Verwendung von gentechnisch veränderten Organismen" – kurz "GVO-frei") .
Breitet sich die GVO-frei erzeugte Milch nun langsam aber sicher auch in Zentraleuropa aus? Was veranlasst in Deutschland beheimatete Molkereien im Ausland, auf GVO-frei zu setzen? Wir haben etwas...
Hintergrund ist, dass das Molkereiunternehmen Arla beschlossen hat, bis Ende 2019 die komplette Milchproduktion ihrer Lieferbetriebe in Deutschland, den Niederlanden, Belgien und Luxemburg auf GVO-frei umzustellen ("ohne die Verwendung von gentechnisch veränderten Organismen" – kurz "GVO-frei") .
Breitet sich die GVO-frei erzeugte Milch nun langsam aber sicher auch in Zentraleuropa aus? Was veranlasst in Deutschland beheimatete Molkereien im Ausland, auf GVO-frei zu setzen? Wir haben etwas recherchiert, entstanden ist ein mehrteiliger Beitrag (Unterartikel siehe Kasten).
Weitere Informationen finden Sie in den folgenden Artikeln:
Im Interview Oliver Bartelt, Unternehmenssprecher bei der DMK Deutsches Milchkontor GmbH.
Die GVO-freie Milchproduktion scheint bislang ein rein deutsches Thema zu sein. In den übrigen EU-Staaten spielt das Thema (noch) keine (größere) Rolle.
Die Nutztierhalter in der EU sind bei der Fütterung ihrer Tiere noch stark von gentechnisch veränderten (gv) Pflanzen abhängig. Das dürfte sich so schnell auch nicht ändern.
GVO-frei zu füttern kostet in der Regel mehr Geld. Wie sehr eine GVO-freie Fütterung die Kosten in die Höhe treibt, lässt sich nicht pauschal beantworten, da sich je nach Betrieb die...
1996 erstmals gentechnisch verändertes Soja in Deutschland
Im August 1996 lief das erste Schiff mit gentechnisch verändertem Soja aus den USA den Hamburger Hafen an. Die großen Pflanzenzuchtunternehmen in den USA hofften damals, die neue Technologie in Europa verbreiten zu können. Aber weit gefehlt: Im Großteil Europas überwog die Skepsis, gentechnisch veränderte Organismen waren und sind unerwünscht. Und ein "nachhaltiges" Konsumieren scheint vielen Menschen zunehmend wichtiger zu werden. Für diese fällt darunter auch der Verzicht auf gentechnisch veränderte Futtermittel bzw. Lebensmittel wie eben Milch von Kühen, die gentechnisch veränderte Futtermittel gefressen haben.
Aus einer jüngst durchgeführten Befragung geht hervor, dass der Verbraucher bei tierischen Produkten "ohne Gentechnik" von der Wichtigkeit her an dritter Stelle einordnet, gleich nach den Kriterien "Frische" und "Geschmack".
Diese Zusammenhänge hat der Lebensmittelhandel (LEH) aufgegriffen, die großen Handelsketten weiten denn auch systematisch ihr Sortiment an gentechnikfreien Produkten aus. Im abgelaufenen Jahr erlöste die Lebensmittelwirtschaft einen Umsatz mit "Ohne Gentechnik"-Lebensmitteln in Höhe von 6,9 Milliarden Euro, heißt es in der Studie des Bundestages. Mit 4,48 Milliarden Euro entfällt weit über die Hälfte davon auf Milch- und Milchprodukte (insgesamt sind 4.507 Produkte gelabelt).
Keine Kennzeichnungspflicht
Da Milch nicht aus, sondern „nur“ mithilfe gentechnisch veränderter Organismen (GVO) wie beispielsweise Soja- oder Mais hergestellt wird, besteht keine Kennzeichnungspflicht für Milch oder Milchprodukte. Die Hersteller müssen also keinen Hinweis auf die Verpackung drucken, sofern die Kühe gentechnisch verändertes Futter erhalten haben. Da aber anscheinend ein Großteil der Bevölkerung gentechnisch veränderte Lebensmittel ablehnt und offenbar immer mehr Verbraucher Milch kaufen möchten, die nachweislich von Tieren stammt, die GVO-frei gefüttert worden sind, verlangt der Handel zumindest bei Frischprodukten eine Erzeugung nach dem VLOG-Standard (grünes Label).
GVO-freie Milchprodukte sind Trend
Bereits 2012 brachte REWE die erste GVO-freie Milch auf den Markt. Damals galt die GVO-freie Milch als Nische, viele Experten haben dafür nur eine Zukunft in wenigen, kleinen Molkereien gesehen. Mittlerweile scheint es aber für 77 Prozent der Menschen in Deutschland beim Einkauf eine starke oder sehr starke Rolle zu spielen, dass ihre Milch ohne Gentechnik hergestellt wurde. Diesen Trend hat der LEH aufgenommen. Mittlerweile hat denn auch jedes Handelsunternehmen GVO-freie Milchprodukte im Sortiment (bei den Eigenmarken ebenso wie bei den Premiummarken). In den Kühlregalen steht fast ausschließlich GVO-freie Milch mit dem kleinen grünen Siegel („Ohne Gentechnik“).
In Deutschland stammt aktuell rund 54 % der Milch von Kühen, die mit GVO-freien Futtermitteln ernährt wurden. Zählt man die Bio-Milch hinzu, die ja sowieso GVO-frei ist, sind es sogar knapp 60 %. Dabei ist ein deutliches Nord-Süd-Gefälle zu beobachten, in Bayern sind schätzungsweise rund 90 % der Milch GVO-frei.
Das Nord-Süd-Gefälle lässt sich u. a. durch die größere Marktnähe bzw. das Produktportfolio vieler süddeutscher Molkereien erklären. Viele Frischmilchprodukte und Käsesorten der Premiummarken werden in Süddeutschland hergestellt. Die Molkereien im Norden engagieren sich traditionell stärker im Handelsmarken-Segment und im Export. Doch der LEH hat mittlerweile auch die großen deutschen Molkereien auf die GVO-freie Schiene "gezwungen". Das größte deutsche Molkereiunternehmen, das Deutsche Milchkontor (DMK) ist mittlerweile mit Abstand auch der größte Lieferant an GVO-freier Milch. Aber auch viele weitere Molkereien erfassen im Westen, Norden und Osten mittlerweile neben "konventioneller" auch GVO-freie Milch. Auf den Verpackungen der meisten Handelsmarken prangt denn auch das grüne Logo. Unumwunden gibt man beim Milchindustrie-Verband (MIV) denn auch zu, dass der LEH dies eingefordert hat. "Wir liefern, was bestellt wird", erklärte erst unlängst der MIV-Geschäftsführer Eckhard Heuser auf Nachfrage von Elite.
Arla erhöht den Druck auf die Konkurrenz
Einen Schritt weiter geht künftig die Molkereigenossenschaft Arla. Sie stellt in der Region Zentraleuropa vollständig auf GVO-freie Fütterung um – (noch) mit der Ausnahme von Großbritannien (in Schweden produzieren bereits alle Arla-Landwirte unter gentechnikfreier Fütterung, in Dänemark ist dies in Teilen auch der Fall, u. a. bei der gesamten Trinkmilch). Diese Entscheidung gilt für alle Arla-Landwirte in Deutschland sowie in den Niederlanden, Belgien und Luxemburg. Alle Milchlieferanten müssen bis Ende 2019 ihre Fütterung anpassen. Wer nicht mitmachen will, muss vermutlich gehen. Das Molkereiunternehmen ist sich allerdings ziemlich sicher, dass alle Milcherzeuger mitziehen werden. Mehr über die Hintergründe lesen Sie
hier.
Eine Vorreiterrolle in der Branche in punkto GVO-Freiheit nimmt neben Arla auch der Allgäuer Käsespezialist Hochland ein. Die Molkerei verarbeitet bereits ausschließlich GVO-freie Milch zu Käse in ihren Werken in Deutschland, Frankreich und in Polen.
Bleibt festzuhalten: Die Deutschen bevorzugen Milch von Kühen, die mit GVO-freien Futtermitteln erzeugt wurde. Da Deutschland ein enorm wichtiger Verbrauchermarkt ist, schauen auch viele im Ausland beheimateten Molkereien genau hin. Selbst wenn in deren Heimatmärkten die Verbraucher noch andere Präferenzen beim Einkauf zeigen, so sehen sich viele Molkereien doch gezwungen, zumindest für die Milchprodukte, die nach Deutschland exportiert werden, eine GVO-freie Milcherfassung aufzubauen. Schaden wird der Aufbau einer zweiten Produktionsschiene sicherlich nicht, denn auch in anderen Regionen Europas dürfte über kurz oder lang das Thema "Nachhaltigkeit" in der Milchproduktion an Gewicht zunehmen.
Was genau bedeutet eigentlich GVO-frei bzw. ohne Gentechnik? Die wichtigsten Infos zu diesem Thema finden Sie auf dem Portal transparenz Gentechnik.